VATIKANTHRILLER
Die „Kammer der Tränen“ erzählt aus zahlreichen Blickwinkeln von Macht und Intrige, Geld und Glauben, Kirche und Staat, Wahrheit und Lüge, Schuld und Sühne, Sex und Liebe. Dicht an der historischen Wirklichkeit, minutiös recherchiert und gleichwohl fiktiv, fügen sich die Komplexe Religion, Finanzwirtschaft und Organisiertes Verbrechen wie Steine eines Mosaiks zusammen und zeigen ein vielschichtiges Vexierbild der italienischen Gesellschaft im Dilemma – wo alles zugleich politisch, aber auch Sache der Kirche ist, wo alte Seilschaften, Pfründe und Freund-Feind-Denken die Strukturen zementieren und die wahre Macht immer bei denen verbleibt, die sie schon immer innehatten.

LESEPROBE
Die Gesellschaft begann sich aufzulösen. „Sie kommen natürlich wieder mit uns heim, Eminenz“, sagte der Senator. O’Leary erinnerte sich wieder an seine Mission. Der blanke Schrecken erfasste ihn. Noch hatte er seinen Auftrag nicht erfüllt. Würde er patzen, Caffarelli würde toben. Oder ihn wieder nach Washington in die Schlangengrube aus Eltern, Öffentlichkeit und Presse repatriieren. Jetzt schickte er doch ein heimliches Stoßgebet zum Himmel. Alle Heiligen und der Vater selbst sollten ihm beistehen. Er musste seine Mission erfüllen.
Schon fand er sich im Wagen mit Calvesi und Frascone wieder. Der Chauffeur schaute mürrisch drein, ein Mann wie ein Mordbube. Der Kardinal hätte sich nicht gewundert, tot am Straßenrand liegengelassen zu werden. Erstochen, niedergemetzelt. Doch dann fiel ihm ein, dass Frascone ja noch gar nichts wissen konnte. Aber er ahnte etwas! Währenddessen hatte Calvesi munter Konversation gemacht, aber seine heiteren Anekdoten aus der italienischen Politik waren O’Leary herzlich egal. „Löse dein Problem“, ging es ihm immer wieder durch den Sinn. Was wenn der Senator früher ausstieg als er selbst? Furien hetzten O’Leary. Frascone konnte mitten in der Dunkelheit anhalten, ihn zu Tode würgen, überfahren, wie Abfall in den Straßengraben werfen. Calvesi schaltete das Innenraumlicht ein, um sich eine Zigarette anzuzünden. Der Schein des schwachen Lichts fiel seitlich auf den Hals des Fahrers. War da eine Tätowierung zu erkennen? Ein Kreuz mit einer Schlange? War Frascone ein Handlanger Caffarellis, des schwarzen Kardinals? Jetzt redete Calvesi auf Frascone ein, der sich als gewandt in der Unterhaltung erwies. Frascone warf O’Leary einen Blick zu. Die Männer redeten weiter. Wurden hier Verabredungen gegen ihn getroffen? Calvesi machte verdächtige Bewegungen mit der Hand. Öfter zeigte er in seine Richtung. Was hätte er darum gegeben nur einen Bruchteil des Gesprochenen zu verstehen! Auch das war verdächtig: Hatte Calvesi O’Leary in der Burg noch mit Übersetzungen versorgt, so entfielen diese nun.
„Three may keep a secret, if two of them are dead“, lachte Calvesi. Frascone nickte.
Der Verdacht bestätigte sich. Dies war seine letzte Fahrt. Er betete.
Ornella hatte noch mitbekommen, wie sie auf die Brooklyn Bridge aufgefahren waren. Danach war sie eingenickt. Nun stand der Wagen im Dunkeln auf einem Schrottplatz. Der Fahrer weg. Kühle drang durch die geöffnete Fahrertür ins Wageninnere. Ein mäßiger Wind trug Schiffsgeräusche herüber. Ketten klirrten aneinander. Der Platz schien unbewacht. Die sonst unvermeidlichen Hunde gab es dem Anschein nach auch nicht. Beklemmung ergriff Besitz von ihr, vorsichtig stieg sie aus. Das Gelände lag wie tot. Ein Blick hinters Steuer verriet ihr, dass der Fahrer den Wagen nicht in Eile oder kopflos verlassen hatte. Die Wagenschlüssel waren weg, das Lenkrad ließ sich nicht bewegen, eingerastet. Sollte hier irgendetwas mit ihr geschehen? Panikgefühle. Sie fingerte nach ihrem Mobiltelefon. Netzfehler! Ihre Augen suchten den Platz ab. Meterhoch türmten sich alte Autowracks, die Umrisse eines großen Krans deuteten sich an. Ihr Puls befeuerte einen Schweißausbruch nach dem anderen. Keiner würde sie hier finden, zu Tode gepresst in einem der Wracks. Dann kleingehäckselt und eingeschmolzen. Ihre Beine versagten den Dienst. Staksend und unsicher versuchte sie dem Platz eine Orientierung abzugewinnen. Sie stolperte einmal, zweimal, fiel hin, begann aus Schnittwunden an den Händen zu bluten. Alle Versuche, einen Weg im Dunkel auszumachen, schlugen fehl. Schließlich kam sie wieder zum Taxi zurück, ihre Kleidung blutverschmiert. Sie kramte erneut ihr Mobiltelefon hervor. Netzfehler!
„Ihr Schweine, ihr dreckigen Schweine, was wollt ihr?“, schrie sie. Die Nacht lag weiter ruhig um sie herum.
Ornella setzte sich erschöpft auf den Fahrersitz. Im fahlen Licht der Deckenlampe betrachtete sie ihre dreckverschmierten, blutenden Hände. Der erste Schuss zerfetzte die Stille.
Eisgrüne Augen durchbohrten Leggerezza. Dieser schmächtige, weißhaarige Mann mit dem stechenden Blick und dem hängenden rechten Lid, jagte Leggerezza Angst ein. Seine hervorstechende Nase mit ihrem so prägnanten Haken am Nasenbein, die blähenden Nasenlöscher, wie Nüstern von wild schnaubenden Pferden, wenn er sich aufregte. Instinktiv schaute Leggerezza zu Boden. Ob Caffarelli von seinen Heimlichkeiten wusste? Ob er ihm eine Falle stellte? Jetzt wäre der geeignete Zeitpunkt. Wäre er leicht verwundbar. Niemand wusste je, was Caffarelli im Schilde führte. Als einziger ‚Politischer Theologe’ im Vatikan beherrschte er sein Handwerk wie kein Zweiter. Dieses In-Eins-Setzen beider Wissenschaften in praxi hatte er zu einer Vollkommenheit entwickelt, die auch seinen schärfsten Gegnern Respekt abnötigte. Oft verknüpfte Caffarelli die politische Ausrichtung des Vatikan mit theologischen Bezügen, wodurch er bei vielen den Eindruck erzeugte, sie erlebten die leibhaftige Verkörperung des Evangeliums. Kaum einer mochte ihn, alle respektierten ihn aber. Und genau das schien er zu genießen.
Der anstehende Termin setzte Leggerezza gehörig unter Druck. Die Pressekonferenz der Vatikanbank bezog in aller Regel auch die Finanzen des Heiligen Stuhls mit ein. Selbst wenn dies nur kursorisch geschah, so kamen doch Inspektoren des ‚Istituto per le Opere di Religione’, wie die Vatikanbank offiziell hieß, zur Durchsicht der Bücher und Prüfung der Konten. Danach wurde dem Diensthabenden Entlastung erteilt. Diese Prüfung war zwar schon erfolgt, aber die Bilanzen wiesen einige Positionen zum FDI aus, mit dem man an der Swiss-Asset-Management in Zürich beteiligt war. Kam nun einer der Herren auf die Idee, mal etwas genauer die Börsennachrichten zu lesen, konnte er Spuren finden, die von Blacknight zu SAM und damit direkt zum Heiligen Stuhl führten. Dann würde die Bombe platzen, denn derzeit waren die Buchungen auf den Konten der APSA nicht mehr als Luftnummern. Und auf die Verbindung konnte eben auch ein Außenstehender kommen.
Bevor er ihn entließ, sagte Caffarelli: „Sie haben sich gut vorbereitet für die Pressekonferenz! Denken Sie an das Gleichnis Jesu: Seht wie schwer es ist für die Menschen, die reichen Besitz haben, ins Reich Gottes zu kommen. Die Worte bestürzten seine Jünger. Aber er sagte: Liebe Kinder, wie schwer ist’s, ins Reich Gottes zu kommen! Es ist leichter, dass ein Kamel durch ein Nadelöhr gehe, als dass ein Reicher ins Reich Gottes komme. Sie entsetzten sich aber noch viel mehr und sprachen untereinander: Wer kann dann selig werden? Jesus aber sah sie an und sprach: Bei den Menschen ist’s unmöglich, aber nicht bei Gott. Denn alle Dinge sind möglich bei Gott.“
Caffarelli konnte das höchste Ideal mit der niedersten Gemeinheit verknüpfen.
Was wusste er wirklich?
Lesungen
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PRESSEMITTEILUNGEN
Der Vatikan im Mittelpunkt – Geldwäsche, Korruption und Mafia. Die Verstrickungen der katholischen Kirche reichen weit…Westfälische Nachrichten
Die dunkle Seite einer strahlenden Institution – der Leser über die innere Auseinandersetzung der Figuren in eine detektivische Spurensuche hineingezogen.Westfälischer Anzeiger
Kriminelles Treiben in der „Kammer der Tränen“: Schwarze Koffer von dubiosen Gestalten und ein deutscher Priester, der nicht weiß wie ihm geschieht und dessen Anklagen unterdrückt werden. Deutliche Unterschiede zu Dan Brown, hat die „Kammer“ doch nichts mit Okkultismus oder Sektierertum zu tun.WAZ